Seit 4 Monaten haben 8 Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg arg gebeutelten Sudan bei uns in Otersen eine neue Heimat gefunden, bemühen sich seit Ende Mai um Integration, werden von vielen Einwohnern unterstützt und machen gute Fortschritte im Deutsch- Unterricht. 8 Flüchtlinge von insgesamt wahrscheinlich 800.000 in diesem Jahr in ganz Deutschland. Zeit für eine kleine „Bilanz“.
Ralf Störk und Jan Thalmann, zwei von zahlreichen Flüchtlings-Betreuern in unserem Dorf gaben in Abstimmung mit den Flüchtlingen bereitwillig Informationen und stellten Fotos für diesen Bericht bereit.
Grundsätzlich haben Flüchtlinge aus dem Sudan aufgrund des dortigen Bürgerkrieges gute Chancen, in Deutschland als Asylberechtigte anerkannt zu werden – anders als Flüchtlinge aus den Balkan-Staaten. Die Bemühungen von vielen örtlichen Unterstützern sind deshalb auf eine nachhaltige Integration ausgerichtet.
Seitens der Caritas in Verden und durch eine Aktion der Dorf- und Vereinsgemeinschaft wurden die Flüchtlinge gleich in den ersten Tagen nach der Ankunft mit gespendeten, gebrauchten Fahrrädern ausgestattet. Dank der Ausstattung mit Fahrrädern wurde mehrfach die Region um Otersen per Fahrrad erkundet und dabei auch die Allerfähre genutzt.
Täglich 5 Stunden Deutsch-Unterricht
Der wöchentliche Deutsch-Kurs bei der Kreisvolkshochschule in Verden wurde inzwischen erfolgreich abgeschlossen. Jan Thalmann aus Otersen unterrichtet die Flüchtlinge ein- bis zweimal wöchentlich. Margarete Eckermann erteilt einem Flüchtling Einzelunterricht. Drei der in Otersen lebenden Flüchtlinge aus dem Sudan bewarben sich mit Erfolg um die Teilnahme am Deutsch-Unterricht des Bildungswerkes. Aus dem ganzen Landkreis Verden wurden unter sehr vielen Bewerbern insgesamt nur 30 Flüchtlinge für diesen besonderen Deutsch-Kursus ausgewählt und zugelassen. An 5 Tagen (Montag bis Freitag) pro Woche erlernen 3 der Oterser Sudanesen jetzt täglich 5 Stunden lang die deutsche Sprache. „Alle 3 machen sehr gute Fortschritte“, freut sich Ralf Störk, einer der Oterser Flüchtlingsbetreuer, die sich mit großem Engagement um Otersens Neubürger kümmern und denen großer Dank gebührt.
Mehrere Jugendliche und junge Erwachsene aus Otersen unterstützen die Sudanesen beim Erledigen von Hausaufgaben aus dem Deutsch-Unterricht. Werner Bening ermöglichte den Sudanesen eine Betriebsbesichtigung in Verden. Viviana Störk-Florean und Anja Thalmann haben mit tatkräftiger Unterstützung von Familie Bening und der Wittloher Kirchengemeinde eine Kleidersammlung durchgeführt, um die Flüchtlinge in Otersen und anderen Dörfern in unserer Region mit Winter-Bekleidung ausstatten zu können. Die von Einwohnern gestiftete Kleidung übertraf alle Erwartungen, deshalb sagen die Akteure „Vielen Dank“.
Sport fördert Integration und Völker-Verständigung
Die Oterser Sudanesen bemühen sich vielfältig um gute Kontakte zur Dorfbevölkerung. In den zurückliegenden Monaten haben sie an vielen dörflichen Veranstaltungen teilgenommen. Beim Dorfladen-Fest im Juni waren unsere Neubürger ebenso dabei, wie bei den Schützen- oder Erntefesten in Otersen, Wittlohe und Stemmen sowie bei einigen privaten Feiern in der Nachbarschaft.
Beim Fussball-Spiel der Dorfjugend auf dem Dorfplatz sind sie häufig als Zuschauer dabei. Beim Basketball-Turnier der Dorfjugend wurden die Sudanesen nach Spezial-Training mit ihrem Coach und 2. Vorsitzenden des TSV „Grün-Weiß“ Otersen, Ralf Störk, selbst aktiv und waren erfolgreich. Sport fördert die Integration und die Völkerverständigung – das wurde nicht nur beim Fußballspiel der Dorfjugend Otersen gegen die polnischen Erntehelfer mit den Sudanesen als Fans am Spielfeldrand sowie beim Basketballturnier in Otersen deutlich, sondern auch bei der Teilnahme der Oterser Sudanesen am Verdener Stadtlauf, gemeinsam mit Oterser Aktiven.
Arbeitssuchende Flüchtlinge aus dem Sudan
6 Flüchtlinge aus dem Sudan haben sich inzwischen bei der Arbeitsagentur in Verden offiziell arbeitssuchend gemeldet. Die berufliche Qualifikation der Flüchtlinge ist unterschiedlich und reicht von der Arbeit in der Landwirtschaft, als Schlosser, als Verkäufer im Handel bis hin zum Pharmazeuten (PTA/Apotheker). Hisham, der älteste der in Otersen lebenden Flüchtlinge, wird als ehrenamtlicher Übersetzer für den Landkreis Verden bei der Betreuung der Flüchtlinge aktiv.
Zahl der Flüchtlinge im Landkreis steigt auf 2.824
Der Landkreis Verden rechnet bis Januar 2016 mit 1.050 weiteren Flüchtlingen und einem Anstieg auf insgesamt 2.824 Flüchtlinge in den 8 Städten und Gemeinden unseres Landkreises mit insgesamt über 133.000 Einwohnern. Ende Januar 2016 wären dann 2,1 % der Kreisbevölkerung Flüchtlinge. In der Gemeinde Kirchlinteln müssen bis Ende Januar dann noch 114 weitere Flüchtlinge aufgenommen werden (insgesamt dann 211 Flüchtlinge bei rd. 10.000 Einwohnern in allen 17 Dörfern).
Bei uns in Otersen hat sich die Einwohnerzahl durch die 8 Sudanesen auf 511 Einwohner erhöht (Flüchtlings-Anteil: 1,5 %) und dank des Verhaltens der Flüchtlinge einerseits und der engagierten Unterstützung durch ehrenamtliche Betreuer wie Anja und Jan Thalmann, Ralf und Viviana Störk und Familie Bening (um nur einige zu nennen) ist die Integration der Oterser Flüchtlinge auf einem guten Weg.
Ralf Störk: „Die Integration läuft sehr sehr gut“
„Die Integration der Flüchtlinge läuft sehr sehr gut. Die „Jungs“ (die Flüchtlinge) tun hierzu alles, was möglich ist. Nach den ersten 4 Monaten in Otersen haben alle das Gefühl, eine zweite Heimat gefunden zu haben“, schreibt dazu Ralf Störk. Eine „zweite Heimat“ gefunden zu haben hilft sicherlich auch beim Überwinden des Traumas und der schrecklichen Erlebnisse im Bürgerkriegsland Sudan und auf der Flucht nach Europa.
Am 19. September 2015 wurden die Oterser Sudanesen und deren örtlichen Betreuuer ins Bremer Weserstadion zum Bundesliga-Spiel Bremen vs. Ingolstadt eingeladen. Der Bremer Bundesligist lädt zu jedem Fußballspiel benachteiligte Menschen (Waisen-Kinder, Behinderte, Einkommensschwache und Flüchtlinge) kostenfrei ins Bremer Weserstadion ein. Die Oterser bekamen Plätze oberhalb der Bremer Ostkurve, in dem die Bremer Fans ein großes Banner mit dem Schriftzug „Refugees welcome“ (Flüchtlinge willkommen) aufzogen. Die Oterser Flüchtlinge, ihre Betreuer und weitere Oterser, die im Stadion waren, trafen sich nach dem Spiel in der Innenstadt.